Presseerklärungen

GOLD in JVA und Kriminalgericht Moabit

Kunstaktion von Winfried Muthesius

Dass Gold in das Kriminalgericht und die JVA Moabit kommt, ist den beiden Behördenleitungen sowie der beim Amtsgericht Tiergarten tätigen Richterin Sabine Schumny zu verdanken. Gerade Sabine Schumny weiß, wie Kunst Menschen verändern kann. Sie gründete vor 10 Jahren die just.art.gerichtsgallerie in Berlin und hat seitdem viele positive Erfahrungen mit Kunst im Umfeld der Justiz gesammelt. Auch kannte sie die außergewöhnlichen GOLD-Aktionen des Berliner Künstlers Winfried Muthesius, dem es z.B. mit Interventionen wie Himmel unter Berlin, broken gold oder dark gold seit Anfang der 2000er Jahre bis heute immer wieder gelungen ist, in unaufdringlicher Weise an ungewöhnlichen Orten für Menschen, die es nicht erwarten, künstlerische Hingucker zu schaffen und so fast beiläufig den Blick auf elementare Aspekte des Lebens zu lenken, die berühren.

golden fields von Muthesius im Wartebereich vor einem Gerichtssaal des Kriminalgerichts Moabit

Unaufdringliche Akzente zum Innehalten

Die Gänge, das Treppenhaus oder Gerichtsräume in Gericht und Gefängnis sind Orte, an denen man Gold nicht vermutet. Eben dort installiert der Berliner Künstler Winfried Muthesius unter dem Titel „free“ kleine monochrome Felder aus Blattgold, sogenannte golden fields. Es sind Orte, die Mitarbeiter/innen, Polizei, Insassen, Parteien der Gerichtsverhandlungen oder auch Besucher bei ihren Geschäftsgängen regelmäßig passieren. Kunst an einem solchen Ort? Ungewöhnlich!  Nicht für Muthesius. Er weiß, dass nicht jeder in eine Galerie oder in ein Museum kommt. Ihm ist es ein Anliegen, Kunst auch zu sozialisieren: Mit seinen Gold-Serien setzt er bewusst immer wieder Akzente für jedermann, der Augen hat zu sehen: Das kann z.B. ein Treppenabstieg in der U-Bahn oder ein Betonpfeiler am Bahnhof Zoo sein.  Er will Lichtpunkte ins Dunkel setzen, um Menschen vor Ort auf seine Art wertzuschätzen und unaufdringliche Überraschungen installieren, die zum Innehalten und Nachdenken einladen.

Gold hat viele Bedeutungen. Bei den kleinflächigen monochromen golden fields werden v.a. die spirituellen Aspekte des Goldes angesprochen: Licht, Klarheit und Erkenntnis.  Im Zusammenhang mit Gericht und JVA kommen weitere Aspekte hinzu: Für Prozessbeteiligte, Kläger, Angeklagte und Untersuchungshäftlinge z.B. die Hoffnung auf einen fairen Prozess, die Hoffnung auf Gerechtigkeit, auf eine Zukunft in Frieden, auf eine Perspektive, die trägt. Die golden fields stehen z.B. auch für den Wert, den Polizei, Justiz und Justizvollzug in unserem Land darstellen, um Sicherheit für alle zu gewährleisten. Und sie sind Zeichen der Erinnerung daran, dass es viele Menschen gibt, die darunter leiden, dass sie nicht in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat leben.

 

Richterin auf „Schnitzeljagd“

Sabine Schumny, die die Installation der golden fields gespannt verfolgt hat, sagt von ihnen: „Sie lösen auf unerklärliche Weise ein einzigartiges kleines Glücksgefühl in mir aus, wenn ich daran vorbeigehe und sie, vielleicht nur unbewusst, wahrnehme. Ich ertappe mich sogar dabei, dass ich in den Gerichtsfluren auf eine Art Schnitzeljagd gehe: Wo finde ich noch ein golden field? Und jedesmal, wenn ich eines entdecke, freue ich mich wie eine Schneekönigin.“, sagt sie. „Was nebenbei auch noch geschieht, ist Folgendes“, ergänzt Richterin Schumny und hofft, dass es den anderen ähnlich geht: „Ich nehme die Umgebung, in der ich mich seit über 30 Jahren bewege, anders, neu wahr. Weil ich vielleicht zum ersten Mal überhaupt bewusst gucke. Und ich entdecke so vieles, das mir vorher überhaupt nicht aufgefallen ist: Wie schön und unterschiedlich die Fliesen an der Wand sind und wie sie schimmern. Dass es tatsächlich an manchen Orten noch diese alten Porzellan-Lichtschalter gibt. Wie das Licht von der Seite in die Flure fällt und all solche Dinge, die ich bislang schlichtweg nicht wahrgenommen habe. Damit erfüllen die golden fields einen der vornehmsten Aspekte von Kunst überhaupt: Das Unsichtbare sichtbar zu machen. In ihrer schlichten Klarheit, öffnen sie den Blick für die Schönheit der Dinge im Raum. Und vielleicht auch für das Schreckliche, Hässliche oder Skurrile, das man ebenfalls erkennt. Auf jeden Fall aber für das, was da ist. Den Blick auf das Wahre und die Wahrheit.“

Absperrung vor dem golden field auf einem Gang

Gerichtspräsident gespannt auf Reaktionen

Der Präsident des größten Strafgerichts Europas, des Amtsgerichts Tiergartens, Michael Borgas, unterstützt die Kunstaktion: „Die Idee, kleine goldene Flächen in eine Umgebung zu bringen, in der man sie nicht erwartet, ist spannend. Ich war und bin auch sehr gespannt auf die unterschiedlichen Reaktionen, die dies bei den Mitarbeitenden im Haus und den vielen Besuchern hervorruft, die mit so etwas hier bei uns im Gericht ja gar nicht rechnen.“, sagt er, „Außerdem ist  unser Gericht ein Ort, der eine solche Aktion gut vertragen kann, weil durch den Glanz der golden fields eine gewisse Leichtigkeit ins Haus kommt, in dem ansonsten vorwiegend naturgemäß eher ernste bis sehr ernste Angelegenheiten verhandelt werden. Das gilt umso mehr, als die meisten Besucher unseres Hauses nicht freiwillig hier sind“. Die Installationsorte finden sich, vom Eingangsportal aus betrachtet, in groben Zügen auf dem Weg ins Gericht über die Prozesssäle bis in die Gänge der JVA bzw. umgekehrt: zurück, hinaus in die Freiheit.

 

Assoziationen zurück an Muthesius

Die positiv aufgeladenen golden fields sind eine offene Projektionsfläche und bieten, unabhängig vom kulturellen, religiösen oder sozialen Hintergrund des Betrachters, vielfältige Assoziationsmöglichkeiten. Welchen Prozess der Auseinandersetzung sie bei wem in Gang bringen, wird sich am Ende herausstellen. Deshalb lädt der Künstler dazu ein, ihm die gemachten Erfahrungen und Eindrücke mitzuteilen.

 

Für Rückfragen:

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Berliner Strafgerichte
Lisa Jani
Turmstr. 91, 10559 Berlin
Tel. 030 90142285
Mob. 0172 3128974
pressestelle.moabit@kg.berlin.de

 

NO NEWS – Bücherverbrennung 4.0 auf dem Römerplatz

Kunstaktion von Winfried Muthesius mit pics4peaceYoungsters in Frankfurt

Am 10. Oktober wird zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse eine Aufsehen-erregende Kunstaktion des international wirkenden Künstlers Winfried Muthesius stattfinden. Und zwar genau an der Stelle, an der 1933 als „undeutsch“ gebrandmarkte Bücher von Studenten verbrannt wurden: dem Römerplatz. Muthesius zersägt ein GOLDEN FIELD, das er eigens für Frankfurt kreiert hat. Die Aktion findet in Kooperation mit der Stadt Frankfurt und der multimedialen, kreativen Demokratie-Initiative des pics4peace e.V. statt. Die jungen Erwachsenen lesen Texte, die sie angesichts der Herausforderungen unserer Zeit, 1933 im Blick und perspektivische Gedanken im Kopf, erarbeitet haben. Gemeinsam setzen die Partner ein Zeichen gegen Extremismus, für die Freiheit des Wortes und die Demokratie. Die Aktion wird gefördert durch die Robert Bosch Stiftung.

Athen, Syntagma-Platz. Muthesius zersägt ein GOLDEN FIELD

Muthesius´ Intervention ist symbolisch stark aufgeladen. Zunächst trägt der Künstler das Bild zusammen mit Helfern vom Römer aus auf den Platz. Das riesige Bild wiegt über 40 Kilogramm. Sie kommen mit dem unhandlichen Objekt nur langsam voran. Das Tragen kostet Anstrengung, so wie das Arbeiten mit Gold: Mit großer Sorgfalt trägt der Künstler bei der Herstellung seines GOLDEN FIELD goldene Blättchen aus Schlagmetall auf Holz auf. Er legt sie einzeln übereinander und nebeneinander und verleiht dem Bild so seine besondere Struktur. Dieser Prozess erinnert an die Anstrengung der Autoren, die Bücher oder Artikel geschrieben haben, die markant waren, innovativ und kritisch. Bücher, die nicht ins NS-Regime passten. Bücher, die auf dem Römerplatz 1933 verbrannt wurden.

Dann stellt Muthesius das GOLDEN FIELD in eine Vorrichtung, direkt dort, wo die Stadt Frankfurt an die Bücherverbrennung mit einer in den Boden eingelassenen Bronze-Plakette erinnert. Er nimmt den Besen und säubert in einer fast rituellen Art konzentriert den Bereich rings um das Bild herum. Währenddessen lesen junge Menschen langsam und eindrücklich: „Tatort Bibliothek. Tatort Universität. Tatort am Römer.1933. Studenten stürmen Schulbüchereien, Unibibliotheken, Buchgeschäfte und mehr. Studenten. Studenten wie wir. Die Stimmung ist aufgeheizt. Der Eifer groß. Das Vorgehen radikal. Brutal. ….“ Es sind Texte, die sie im Rahmen der Demokratie-Initiative „pics4peace“ für diesen Anlass erarbeitet haben.

Aus einer Tasche holt der Künstler dann eine Kettensäge. Mit aller Schärfe zertrennt das unnachgiebige Sägeblatt unter lautem Geheul das goldene Kunstwerk. Das massive Dröhnen des Motors erinnert an die lärmende, teilweise johlende Menge der 15.000 Menschen, die gekommen waren, um die Bücherverbrennung wie ein Jahrmarktereignis mitzuerleben. Die Rede des evangelischen Studentenpfarrers endete mit einem umjubelten „Heil“ aller auf das „deutsche Volk“ und auf Adolf Hitler.

Als der Höllenlärm verebbt, fühlt es sich still an auf dem Römerplatz. Das Kunstwerk ist zerstört. Es bleiben buch-große Teile.

Wieder beginnen die jungen Leute ihre Texte vorzutragen. Diesmal geht es um das Heute. Auch heute werden Wahrheiten und Erkenntnisse vernichtet, ausgeblendet, manipuliert. Die Bücherverbrennung 4.0 trägt ein neues Kleid. Und sie findet vorwiegend nicht auf Straßen und Plätzen statt, sondern schwerpunktmäßig im Netz. Der Künstler unterdessen schichtet Buch-Stück für Buch-Stück in eine Schale. Wie damals wird der Stapel angezündet. Alle sehen zu, wie das funkelnde Gold, Sinnbild für die Wahrheiten und Erkenntnisse, die die Autoren in ihren Werken veröffentlicht hatten, zu Asche verfällt.

Die Stimmen der Jugend mahnen und fordern.

„Der Ungeist, der einst Bücher verbrannte, marschiert auch heute wieder offen auf den Straßen Deutschlands und Europas. Doch statt uns als Gesellschaft auseinander dividieren zu lassen, müssen wir zusammenstehen, unsere Werte einer freien, offenen und demokratischen Gesellschaft verteidigen und gegen Antisemitismus und Rassismus aufstehen. Demokratie ist eine Aufgabe für jeden von uns. Daran wollen wir erinnern“, so Frankfurts Bürgermeister Uwe Becker.

Dafür stehen auch symbolträchtig die Aktionen von Winfried Muthesius und der jungen Erwachsenen von pics4peace.

Kunst ist kein Komfort. Kunst ist Konfrontation. Diese Gedanken kommen einem unweigerlich, wenn man auf die Interventionen von Winfried Muthesius stößt. Ob in Athen auf dem Syntagma-Platz mit „Loss“, bei der bayerischen Landesgartenschau in Würzburg mit „Point of No Return“ oder jetzt in Frankfurt mit „No News“. „Muthesius bringt die Menschen auf der Straße aus dem Konzept, zerstört das, was das Wahre und Wichtige symbolisiert, um eine Leere zu hinterlassen. Dann geht er. Diese Leere aber schreit geradezu danach, durch jeden Einzelnen, der sie miterlebt hat, gefüllt zu werden. Die sensiblen Texte der Jugend verstärken dies in Frankfurt noch“, fügt Pia Beckmann hinzu, Initiatorin und Vorsitzende des pics4peace e.V..

KONTAKT bei Rückfragen: Dr. Pia Beckmann, Vorsitzende pics4peace e.V., 0152 0175 4485

WEITERE INFOS:

pics4peace auf der Frankfurter Buchmesse am Mittag des 10.Oktober 2018

Auf der Frankfurter Buchmesse hatte pics4peace am 10. Oktober, um 13.00 Uhr, bereits eine Stunde Programm auf der Bühne gestaltet. Die pics4peaceYOUNGSTERS zeigten einen Film, den sie gedreht hatten, und der ab sofort als „Social Spot“ auf www.pics4peace.de zu sehen ist. Dann diskutierten sie u.a. mit Erfolgsautorin Tanja Kinkel über das, was sie im Vorfeld zur Buchmesse erarbeitet hatten und heute erleben: Extremismus, Ausgrenzung, physische und psychische Gewalt, Hatespeech, die Bedeutung des Wortes heute, das Recht auf freie Meinungsäußerung (gesprochen oder digital), die Rolle der Medien sowie darüber, was jeder von uns tun kann.

Zum Künstler
Bilder bestimmen unser Leben. Heute vor allem bewegte Bilder. Deswegen geht der international arbeitende Künstler Winfried Muthesius mit seinen Interventionen in den öffentlichen Raum. Er konfrontiert Menschen, die vorüberkommen mit seinen Aktionen, reißt sie heraus aus dem Alltag, stört das Gewohnte und fordert zum Nachdenken auf.

Seit gut 20 Jahren arbeitet Winfried Muthesius mit dem Material Gold, um daraus Bilder zu entwickeln. Zahlreiche unterschiedliche Formulierungen sind entstanden. Arbeiten wurden in sakralen und weltlichen Räumen gezeigt und auch dauerhaft angebracht. 2003 wurden rund 100 GOLDEN FIELDS in 14 Berliner U-Bahnhöfen installiert. Später begann Muthesius seine GOLDEN FIELDS, nach dem sie hergestellt waren, in metaphorischen und handwerklich überlegten Prozessen wieder zu verwunden. Daraus entwickelte er eine eigene Bildsprache, die so genannten BROKEN GOLD Werke. Mit der Intervention „loss“ auf dem Syntagma Platz in Athen und der Intervention“point of no return“ auf der ehemaligen Startbahn für Flugzeuge auf dem Gelände der Bayerischen Landesgartenschau in Würzburg, setzte er diese Verwundungsaktionen konsequent fort und macht damit auf Zerstörungsprozesse in Natur und Gesellschaft aufmerksam.

Zur Entstehung des GOLDEN FIELD
Der schwere Bildträger aus Holz hat eine Größe, die der Berliner Künstler gerade noch ohne Leiter bearbeiten kann. Bevor er das Schlagmetall aufträgt, sind umfangreiche Vorarbeiten erforderlich: eine sorgfältige Reinigung und solide Grundierung sowie die Aufbringung des Anlegeöls. Ungenauigkeiten lassen sich im Nachhinein nicht mehr ausgleichen. Das Schlagmetall, hauchdünne Quadrate von ca. 16 x 16cm werden präzise und zügig aufgetragen. Pausen sind nicht möglich, wenn man ein gleichmäßiges, monochromes Bild erhalten will. Die Auswahl des Holzuntergrundes spielt eine wichtige Rolle. Die Holzstruktur schimmert durch das Schlagmetall und verleiht dem Bild eine typische Struktur. Das skulpturale Werk vermittelt durch Farbe, Glanz und changierende Lichteffekte einen Eindruck von Vollkommenheit und Lebendigkeit. Es verkörpert das Wahre und Schöne.

Mehr erfahren über das kreative Demokratie-Projekt pics4peace auf: www.pics4peace.de

Ablaufplan zur „NO NEWS – Büchverbrennung 4.0“
am 10.10.2018, ab 17.00 Uhr, Frankfurt, Römerplatz

Eine Veranstaltung des pics4peace e.V. mit Künstler Winfried Muthesius aus Berlin, in Kooperation mit der Stadt Frankfurt zur Eröffnung der Buchmesse

Dort gibt es eine Parallelveranstaltung des pics4peace e.V. mit Tanja Kinkel und Winfried Muthesius am10.10.18, Halle 4.1, 13.00, Bühne am Azubistro in Kooperation mit dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels, dem PEN-Zentrum Deutschland; die Aktionen werden gefördert von der Robert-Bosch-Stiftung).

17.00 Uhr
Der Künstler Winfried Muthesius trägt mit einem Helfer sein extra für Frankfurt geschaffenes 2 mal 2 Meter großes monochromes Goldgemälde auf den Römerplatz, exakt an die Stelle, an der auch damals die Bücherverbrennung stattgefunden hat.

17.20 Uhr
Der Künstler und der Helfer kommen am Gestell an und positionieren das GOLDEN FIELD sicher darauf.

17.30 Uhr
Der Künstler säubert das Umfeld des Bildes mit einem Besen, wie bei einer rituellen Säuberungsaktion.
Parallel: – 3 Jugendliche lesen Texte*.

18.00 Uhr
Das GOLDEN FIELD wird in Buch-große Stücke zersägt.

19.30 Uhr
Die Holzstücke werden in kleinen Mengen in die Feuerschale aus Stahl geschichtet. Der Künstler verbrennt die goldenen Buch-Parallelen nacheinander. So wird in der ca. 80 cm hohen Feuerschale immer nur ein kleines, aber sichtbares Feuerlicht aufscheinen. Wie damals, 1933, legt der Künstler solange nach, bis alles verbrannt ist.
Parallel: – 3 Jugendliche lesen Texte und fordern*.

ca. 20.00 Uhr
Ende der Veranstaltung

*Jugendliche lesen Texte, die sie im Rahmen von pics4peace erarbeitet haben: Über die Bücherverbrennung damals in Frankfurt. Über die Betroffenen. Darüber, wie Menschen entrechtet wurden, über rassistische, extremistische und menschenverachtende Maßnahmen. Wie das Wort zum Spielball der Macht wurde und auch heute wieder wird. Sie sprechen über die Vernichtung und Manipulation von Wahrheiten und Nachrichten gestern und heute. Die Jugendlichen verbinden das mit ihren Forderungen für jetzt und die Zukunft.

Die Rettung des Sichtbaren ins Unsichtbare

Anlässlich der Landshuter Kunstnacht 2018 und unter dem Motto „Das Sichtbare ins Unsichtbare retten“ einem Zitat von Rainer-Maria Rilke mit dem dieser den Abstraktionsprozess der Moderne beschreibt, zeigt LAProjects in Landshut die aktuellen Arbeiten des Berliner Malers und Installationskünstlers Winfried Muthesius.

Winfried Muthesius
Gemälde, Zeichnungen, Fotoarbeiten
Ausstellungseröffnung: Freitag, 7. September 2018, 20 Uhr – während der Landshuter Kunstnacht. Der Künstler ist anwesend und wird in einer Aktion ‚Hand an sein Werk‘ legen.
Dauer der Ausstellung: 8. September bis 13. Oktober 2018

Öffnungszeiten:
Do. 18 – 21 Uhr
Fr. 11 – 18 Uhr
Sa. 11 – 15 Uhr

In den Gemälden, Zeichnungen und Fotoarbeiten von Winfried Muthesius vollzieht sich der Abstraktionsprozess auf besonders eindrucksvolle Weise: manchmal ganz offensichtlich – so in dem von ihm entwickelten pittura oscura – expressive Bilder, die in einem vielschichtigen Prozess von Malerei, Aktion, Fotografie und Übermalung entstehen – manchmal höchst subtil – so in den goldenen Bildreihen, bei denen der Betrachter das behauptete Motiv und das wahrgenommene Bild in Einklang zu bringen hat.
„Gegensätze gehören in seinen Bildern immer zusammen – seine Bildwelten umfassen unsere Zeit…sie verlangen extreme Konzentration und enorme Entspanntheit“ (Christian Tannert)
Winfried Muthesius, 1957 in Berlin geboren, studierte und war Meisterschüler an der Hochschule der Künste in Berlin (1979-1984). Zahlreiche Arbeitsaufenthalte im Ausland beeinflussen seine Werke. Dabei gehört New York zu seinen bislang wichtigsten künstlerischen Stationen. Heute lebt und arbeitet er vorwiegend in Berlin. Muthesius ist ein Künstler, der Reales und dessen Beobachtung, verbunden mit einer Spurensuche, an den Anfang seiner Arbeiten stellt, – sei es in der Auseinandersetzung mit historischen und aktuell relevanten, sei es mit religiösen oder existentiellen Fragen. Seine Arbeitsprozesse, die von der Skizze zum fertigen Werk führen, sind vielseitig. Immer aber ist ein konkretes Objekt, sind eine Reihe von Zeichnungen vor Ort, ist das Reale Ausgangspunkt seiner Bilder. Diese haben in zahlreichen Ausstellungen in musealen, sakralen und öffentlichen Räumen im In- und Ausland ihre Botschaft entfaltet.
Weiter Informationen und Bildmaterial: J.W. Ludwig, LAProjects, Tel. 017645662416; E-Mail:
jwludwig@laprojects.de

Pressemitteilung zur Sonderausstellung
„pics4peace – Jugend für Demokratie und Frieden“

Das Museum für Franken auf der Festung Marienberg zeigt vom 9. März bis zum 15. April die Ausstellung „pics4peace – Jugend für Demokratie und Frieden“. Bei der Ausstellung kooperiert das Museum im gleichnamigen Projekt mit der Stadt Würzburg. Die Initiative hat zum Ziel, die Jugend stärker für Demokratie zu begeistern, ihnen mit Kunst und modernen Medien eine Ausdrucks- und Plattform zu geben sowie ihren Wünschen für die Zukunft Gehör zu verschaffen.

Vom Workshop zur Ausstellung – Die Methode „pittura oscura“
Der renommierte Berliner Künstler Winfried Muthesius lehrte zehn junge KünstlerInnen der Fakultät  Gestaltung der FH Würzburg-Schweinfurt seine Methode der „pittura oscura“, bei der Schicht über Schicht gelagert wird. Nicht nur unterschiedliche Techniken, wie Malerei und Fotografie finden Anwendung, sondern auch aufeinander geschichtete Zeit- und Bedeutungsebenen. Die pittura oscura der Studierenden werden im Spannungsfeld mit drei im Hinblick auf Würzburgs Geschichte geschaffenen Schädelbildern von Muthesius gezeigt, was sich im kunsthistorischen Umfeld des Museums besonders wirkungsvoll entfaltet.

Vergangenheit, Gegenwart Zukunft – Die „pics4peace“ der jungen KünstlerInnen
Inspiriert von geschichtsträchtigen Würzburger Orten schufen die jungen KünstlerInnen Werke, die sie anschließend an diese Orte brachten und mit ihnen in Beziehung setzten. Die Spannung zwischen Kunstwerk und Ort hielten sie in einer Fotografie fest. Ausgedruckt diente diese wiederum als Vorlage für eine weitere künstlerische Auseinandersetzung, zum Beispiel durch Übermalen. Zuletzt wurde das Werk erneut fotografisch reproduziert. So verdichtete der Schaffensprozess Vergangenes, Herausforderungen der Gegenwart und Perspektiven für die Zukunft in einem Kunstwerk.

Oberbürgermeister Christian Schuchardt sagt über die Initiative: „`pics4peace‘ ist ein herausragendes Projekt und ein neuer Baustein der städtischen Erinnerungskultur. Es ist bemerkenswert, welche Ergebnisse die jungen Künstler in unterschiedlichen Techniken aus ihrer Beschäftigung mit Frieden und Demokratie entwickelt haben. Sie zeigen, dass Kunst Zeit und Bedeutung auflöst und Vergangenes wieder erlebbar macht, um aus Fehlern zu lernen und zielgerichtet Zukunft zu gestalten. Die Betrachter müssen sich nur darauf einlassen und im Dialog mit den Künstlern die oberflächliche Betrachtungsweise verlassen, hin zu einer tieferen Erkenntnis.
Ich hoffe sehr, dass sich viele junge Menschen online an dem Projekt beteiligen und es von Würzburg aus in weitere bayerische Kommunen getragen wird.“

Auch der Direktor des Museums Dr. Erich Schneider ist von dem Ausstellungsprojekt begeistert: „Diese Ausstellung ist bereits ein Vorgeschmack auf die Zukunftswerkstatt, die es einmal im Museum für Franken geben wird. Das Museum soll schließlich ein Ort sein, an dem man sich mit Vergangenheit beschäftigt, an dem man aber auch die Zukunft aktiv mitgestalten kann.“

Pics4peace – Das Projekt
pics4peace ist – kurz gesagt – eine Initiative für Frieden, Freiheit und Demokratie.
Sie richtet sich an junge Leute und an die Politik und besteht aus drei Teilen: pics4peace vor Ort, pics4peace online und pics4peace im Dialog.

pics4peace online lädt junge Menschen zwischen 16 und 26 ein, sich in der Ausdrucksform, die ihnen am meisten liegt und über das Medium, das sie üblicherweise nutzen, zu äußern. Einer malt vielleicht gut, ein anderer fotografiert oder ist ein Graffiti-Künstler. Andere wiederum schreiben Gedichte, machen Videoclips oder Musik. Thema ist: Was brauchen wir, damit wir auch in Zukunft in Freiheit, Frieden und Demokratie leben können? Beiträge können ab Herbst auf www.pics4peace.de eingestellt werden.

pics4peace im Dialog lädt zwischen April und Juli 2018 zu zahlreichen Veranstaltungen in Würzburg und Umgebung ein. Junge Menschen diskutieren mit Entscheidern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, so zum Beispiel bei der Dialogveranstaltung im Museum für Franken am 9. April um 15 Uhr.

Erste bildhafte Eindrücke des Projekts gibt es auf Instagram: _pics4peace_ // museum_fuer_franken.

Dialogveranstaltung im Rahmen der Sonderausstellung
Am Montag, den 9. April um 15 Uhr werden Staatsminister Prof. Dr. Winfried Bausback, Oberbürgermeister Christian Schuchardt und Projektinitiatorin Dr. Pia Beckmann mit den KünstlerInnen der Ausstellung und mit dem Publikum in einen Dialog treten. Diskutiert werden soll, was Demokratie heute bedeutet und welche Herausforderungen junge Menschen für Gesellschaft und Politik sehen. Fragen, Wünsche und Anliegen können direkt an die Verantwortlichen gerichtet werden.
Die Veranstaltung findet im Rahmen des Projektschwerpunkts „pics4peace im Dialog“ statt.

Information und Ansprechpartner

Sonderausstellung „pics4peace – Jugend für Demokratie und Frieden“
9. März bis 15. April

Museum für Franken – Staatliches Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Würzburg
Festung Marienberg / 97082 Würzburg
T: 0931-205940 / sekretariat@museum-franken.de
Öffnungszeiten: März 10-16 Uhr / April 10-17 Uhr
Weitere Informationen zu Museumsbesuch, Ausstellungen und Veranstaltungen unter
www.museum-franken.de.

Ansprechpartner

Projekt: Dr. Pia Beckmann / Tel: 1520 175 44 85 / Mail: mail@piabeckmann.de
Ausstellung: Veronika Genslein / Tel: 0931-20594-29 / Mail: vg@museum-franken.de
Presse: Sarah Merabet / Tel: 0931-20594-23 / Mail: sam@museum-franken.de

Pressemitteilung zur Sonderausstellung „pics4peace – Jugend für Demokratie und Frieden“ zum herunterladen.

Loss – Kunst-Aktion auf dem Syntagma Platz in Athen

Der aufbegehrende Ton der Säge ist weit über den Syntagma Platz hinaus zu hören. Das Geräusch bahnt sich einen Lärmweg durch die angrenzenden Straßenzüge, so als ob ein unsichtbarer Tsunami etwas überrollen wollte. Es ist der Ausdruck und Eindruck sich auflösender Werte und Zuständigkeiten. Unsere Umwelt wird zerstört, politische Systeme geraten ins Wanken, der common sense des Zusammenlebens erodiert zunehmend, Menschenrechte werden ausgehöhlt, undenkbare Positionen zersetzen das Gemeinwesen, Ausgrenzung und Missachtung greifen um sich. Visionen, wohin sich unsere Gesellschaften entwickeln werden, sind schwer erkennbar.

Es ist die Zerstörung einer vom deutschen Künstler Winfried Muthesius geschaffenen 2 x 2 Meter großen goldenen Bildtafel aus der Serie „golden field“. Die Intervention auf dem Syntagma Platz beginnt mit dem symbolträchtigen Herantragen des „golden field“ durch den Künstler. Nicht zuletzt haben die Diskussionen in und über Griechenland die Erodierung gesellschaftlicher Werte so sehr symbolisiert, wie sie zum Teil auf dem berühmten Syntagma Platz zu erleben waren und jetzt aufleben.

Die Bildtafel aus Holz wird am 16. März 2018 auf dem Platz systematisch zuerst in Streifen und dann die Streifen in kleine Rechtecke zersägt werden. Der Beginn ist um 18.00. Das Ganze ist ein sehr konzentrierter und genauer Prozess an dessen Ende sich das Bild aufgelöst haben wird – mehr als eine Metapher.

Über Winfried Muthesius

Muthesius, geb. 1957 in Berlin, studierte an der Hochschule der Künste in Berlin und war Schüler von Hermann Wiesler. Seine ersten künstlerischen Stationen führten ihn an die Accademia di Belle Arti nach Florenz, wo seine ersten Arbeiten in Tusche, Aquarell, Tempera und Öl entstanden. Ab 1982 pointiert seine Formensprache durch Reduktion und legt seinen Grundstein für den heutigen Malstil. Arbeitsstipendien in Salzburg und Berlin sowie Aufenthalte in New York, die zu seinen Arbeiten „Ground Zero“ führten, begleiteten die Folgejahre. Ab 1992 begann Muthesius die Technik der pittura oscura zu entwickeln. Dabei handelt es sich um vielschichtige Bilder mit Tiefenwirkung, die in mehreren Arbeitsprozessen entstehen und die Malerei mit der Fotografie verbinden.

Seit gut 20 Jahren arbeitet der Künstler mit dem Material Gold, um daraus Bilder zu entwickeln. Zahlreiche unterschiedliche Formulierungen sind entstanden. Arbeiten wurden in sakralen Räumen gezeigt und auch dauerhaft installiert. 2003 wurden rund 100 golden fields in 14 Berliner U-Bahnhöfen installiert. Später begann Muthesius die Arbeiten zunehmend, nach dem sie hergestellt waren, wieder zu zerstören und daraus wurde eine eigene Bildsprache entwickelt, die so genannten „broken gold“ Arbeiten. Mit der Intervention „loss“ auf dem Syntagma Platz wird diese Arbeit konsequent weiter entwickelt.

Über den Syntagma Platz

Der Syntagma Platz erhielt infolge der Revolution im Jahr 1843 seinen Namen. Politisch internationale Aufmerksamkeit erhielt der Platz schon frühzeitig als Versammlungsort. Berühmtheit erlangte der Platz

in den letzten Jahren durch die Demonstrationen und Krawalle und deren Berichterstattung im Zusammenhang mit der griechischen Finanzkrise. Am Platz liegen bedeutende Gebäude wie das historische Hotel Grande Bretagne und das Parlamentsgebäude.

Weitere Aktionen sind an historisch bekannten Plätzen in Berlin, Brüssel, Bukarest, London, Paris, Warschau, Wien geplant.

Infos:
http://muthesius.com
Instagram: w_muthesius_artist

Theophilos Tramboulis, Production Coordinator
mailto:tramboulis@gmail.com

PR Kontakt
Natalia Biallas / b-communication gmbh
mailto:n.biallas@b-communication.de
mob: +49 174 3135109

Loss – Kunst-Aktion auf dem Syntagma Platz in Athen zum herunterladen

 

Muthesius mit Axt ans Altarbild

Schock in Kapelle – Die etwas andere Bildandacht

„Zu schön, um wahr zu sein“ ist der Titel eines Symposiums der Akademie Schwanenwerder, die anlässlich der Verabschiedung des Gründungsdirektors der Stiftung St. Matthäus, Pfr. Christhard-Georg Neubert, am 12.Juli 2017 stattfand. „Kunstwerke verwenden keine vernünftigen Argumente, um Wahrheit zu zeigen. (…) Für das religiöse Denken liegen darin Provokation und Reiz.“, so der Text in der Ankündigung der Evangelischen Akademie Berlin. Provokation stimmte. Was die Besucher bei der Bildandacht in der Kapelle des Tagungshauses erwartete war fast mehr als das:

Als die Gäste sukzessive im kleinen Kirchenraum Platz nehmen, treffen sie auf einen Mann in schwarzer Used-Look- Kleidung, der seelenruhig den Boden der Kapelle fegt, Winfried Muthesius. In gleichmäßigen Auf- und Abbewegungen streicht er mit seinem Besen über die grauen Steinfließen, obwohl sie nicht schmutzig aussehen, und reinigt sie. Mit einer Plastikplane, die er aus einer seitwärts stehenden großen schwarzen Tasche zieht, deckt er den Boden ab. Dann holt er zwei rohe Holzkisten, trägt sie in die Mitte und platziert sie auf der Plane. Die Besucher beobachten das seltsame Prozedere. Es herrscht absolute Stille im Raum. Muthesius zieht sich weiße Handschuhe an und tritt zum Altar, auf dem eine Stele mit einem armlosen, gekreuzigten Christus-Corpus eingelassen ist. Ein Kreuz sieht man nicht. Der Mann in Schwarz stellt sich hinter den Altar, wo üblicherweise der Pastor zu stehen pflegt, nur mit dem Rücken zu den Besuchern, und betrachtet eine Weile in Stille das goldene Altarbild an der Wand. Es stammt von ihm. Die Stiftung St. Matthäus hatte es vor einigen Jahren erworben. Das Altarbild ist ein Goldenes Feld. Es strahlt in den Raum hinein und erzeugt, verstärkt durch das diffuse Licht des bewegten Wolkenhimmels, spannende Lichteffekte. Wie eine Energiequelle wirkt es. Ein Bild, das an Ewigkeit erinnert, das über die Realitäten des Alltags hinausweist.

Muthesius nähert sich dem Altarbild vorsichtig mit weißen Handschuhen. Er nimmt das schwere und sperrige Teil von der Wand. Mit vor Anstrengung rotem Gesicht legt er es auf die Holzkisten über der Plane. Man glaubt, die Anspannung im Raum knistern zu hören. Der Mann öffnet erneut seine schwarze Tasche, holt eine Axt heraus und hebt zum Schlag an. Ein leises „Nein!“ wird gehaucht, erschrockene Gesichter, kaum wahrnehmbare Gesten; alles bleibt still vor Entsetzen. Man könnte eine Nadel fallen hören. Nach zwei bis drei Hieben in das Kunstwerk hält der Künstler inne, betrachtet das Bild, umrundet es konzentriert. Dann zieht er eine Kettensäge aus der Tasche. Mit ohrenbetäubend klingenden Heul-Geräuschen nähert er sich dem Bild, setzt das brachiale Werkzeug mit seinem scharfen Sägeblatt vorsichtig an, sägt ganze Seitenteile ab und zerstört die Vollkommenheit der feinen Gold- Strukturen. Noch immer absolutes Schweigen, fast erstarrt vor Schrecken sitzen die Zuschauer im Raum. Auch der Künstler verharrt bewegungslos vor seinem Bild.

Als der Tagungsleiter Langbein einlädt, nach oben zum ersten Vortrag zu kommen, stehen die Besucher auf, nähern sich dem auf den Kisten zwischen Sägespänen liegenden Bild und betrachten es ausgiebig, bevor sie gehen.

Was hier geschildert ist, war der Anfang einer Intervention, die der Berliner Künstler Winfried Muthesius im Rahmen seiner „Bildandacht“, wie es im Programm hieß, durchführte. Kunst und Kirche wollten in Dialog treten. Die Tagungsgäste hatten die einmalige Gelegenheit – ohne es zu wissen – dem Künstler bei seiner Arbeit über die Schulter zu schauen. Sie konnten zusehen, wie er ein vollkommenes GOLDEN FIELD in ein BROKEN GOLD – Bild transformierte. Sie waren Augenzeugen des ungewöhnlichen, brutal anmutenden Prozesses, der doch mit großem Feingefühl ausgeführt wurde.

Im Tagungsraum angekommen, mussten die Tagungsteilnehmer sich erst einmal bewusst werden, was da passiert war. Die absolute Stille hatte sie beeindruckt. Gleichzeitig waren sie erschüttert über sich selbst: Sie waren Zuschauer von einer Aktion, deren gewalttätiges Potenzial sie kommen sahen. Dennoch: niemand von ihnen habe protestiert oder sei gar eingeschritten. Der Kirchenraum sei als Schutzraum vertrauenserweckend gewesen, auch der Künstler habe mit großer Sorgfalt agiert; so versuchten sie ihr Verhalten zu erklären. Der Jesuitenpater und Kunstbeauftragte des Erzbistums Berlin wollte dem Künstler in einer ersten Reaktion für seine Kirchen am liebsten Hausverbot erteilen. Man müsse die Kunst auch vor ihrem Künstler schützen. Solche Radikalität gäbe es bei ihm nicht. Das sei auch ein Punkt, in dem sich seines Erachtens, die katholische Kirche von der evangelischen unterscheide. Ein Teilnehmer aus der Schweiz hingegen interpretierte Muthesius ́ Kunstaktion als echten Befreiungsschlag. Ihm war das GOLDEN FIELD zu perfekt an dieser Stelle; seiner Meinung nach, passe das neue gebrochene Goldbild passe besser in einen Kirchenraum, der Anlaufstelle für Menschen ist und zum Gekreuzigten.

Wie auch im Leben nichts wirklich vollkommen ist, alles seine Blessuren, sein Schicksal, seine Wunden hat, so erfuhr durch die Einwirkung des Künstlers im Sinne des Tagesmottos „Zu schön, um wahr zu sein“ auch das GOLDEN FIELD Verletzungen und Beeinträchtigungen. Fast erinnert das Ganze an ein meditatives Nachvollziehen, dessen, was bei der Kreuzigung passierte. Mit einem Reinigungsritus der anderen Art bereitete sich der Künstler darauf vor. Die Szenerie ist wie vor 2000 Jahren: Männer, Frauen, von

überallher, die gespannt zusehen, was passiert, vereinzelte Aufschreie, Aufruhr, und doch: man kann die Lage nicht richtig einschätzen. Dann wird das vollkommene Goldbild getragen, auf die Holzkiste gelegt und mit Axt und Säge bearbeitet, bis es nicht mehr da ist. Nur noch die zerfetzten und gebrochenen Überreste. Der Rahmen und große Teile der Bildrandes sind dem Prozess zum Opfer gefallen: Fassungs-los, beschädigt, mit Spuren der Gewalt versehen das Resultat. Etwas Neues ist entstanden. Auch Christus glaubten sie, sei weg, als sie ihn gekreuzigt hatten. Doch er kam als ein anderer wieder. Als Auferstandener, dessen Wunden durchaus noch zu sehen waren, die ihm aber nichts mehr anhaben konnten.

Vergleichbar mit Jesus, ist auch der geschlagene und verletzte Mensch, wenn er wieder aufsteht, schöner, gereifter, stärker, – wenn es gut geht: auch verständnisvoller. Das BROKEN GOLD-Bild kann gleichsam als Resümee dieses Symposiums verstanden werden. Es ist nicht „zu schön, um wahr zu sein“, sondern wahr, wahrhaftig und deshalb schön. Aus ihm scheint, trotz der Risse und Verletzungen, noch immer das Gold, das an das Ewige erinnert, und das in jedem Menschen zu finden ist. Immer.

Link zu FOTOS der Intervention hier.
Alle Fotos: Gierdre Kuliauskaite
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