Gold

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Seit 2002 widmet sich Muthesius monochromen Bildern in Gold. Sie finden sich in Altarräumen unterschiedlicher Kirchen in verschiedenen Städten, in säkularen U-Bahnhöfen Berlins, aber auch in der Staatlichen Antikensammlung und Glyptothek, München, als dauerhaftes Exponat, unter dem Namen „Tabula aurea“ als Dialog-Pendant zur Statue des Apoll.

Auf Holztafeln trägt er goldene Blättchen aus Schlagmetall, einer Messinglegierung, mit großer Sorgfalt auf, legt sie übereinander und nebeneinander, was dem Bild Struktur verleiht. Die Prägung des aufgetragenen, blattgoldähnlichen Materials weist kleine Risse, Spuren des Gebrauchs und äußerst feine Faltungen auf. Auch die Struktur des Untergrunds, die Holzmaserung, lässt sich durch den Goldauftrag hindurch noch erahnen. Der Künstler nimmt sich zurück. Er lässt allein das monochrome Bild in Gold wirken. Je nach Ansicht – aus der Nähe, aus der Ferne, aus unterschiedlichen Winkeln – erzeugen die GOLD-Bilder beim Betrachter unterschiedliche Effekte. Sie sensibilisieren das Auge, indem sie ihm immer neue Strukturbilder und Lichteindrücke präsentieren. Es bleibt die Assoziation zu etwas Ewigem.

Das Projekt GOLDEN FIELDS „Der Himmel unter Berlin“ entsteht in Berliner U-Bahnstationen anlässlich des erstmals von den christlichen Kirchen in Deutschland gemeinsam durchgeführten Kirchentages 2003.

Schimmernde Quadrate in Gold verwandeln langweilige Wände in ungemütlichen U-Bahnstationen: Sie verwundern den zur U-Bahn eilenden Fahrgast; sie stehen konträr zu dem, was er dort erwartet. Eine Störung? Ja. Eine gewollte, die den Blick freilegt für die Wärme, die durch die GOLDEN FIELDS auf den nackten Kachelwänden und kahlen Betonmauern oder Stahlträgern entsteht. und die dem anonymen Gang etwas ungewohnt Einladendes verleihen. Sie werten den von Anonymität geprägten Durchgangsraum des Alltags auf, setzen mitten in der Hektik und im Gedränge der Menschen ein Symbol der Stille, des Nachdenkens, geben ihm etwas Einmaliges. Sie vermitteln Kostbarkeit, erinnern an das Überirdische, ja Heilige, an einem Ort, an dem niemand damit rechnet.

Aus den GOLDEN FIELDS entwickelt Muthesius die Technik des BROKEN GOLD. Der Bildträger aus Holz wird zunächst detailgenau mit Blattgold versehen, so dass zarte Strukturen entstehen. Im Anschluss fügt Muthesius diesem vollkommen anmutenden Goldgemälde Verletzungen zu: es wird nachträglich in Teilen zerstört, ausgefranst oder auf der Fläche geritzt. Brachiale Werkzeuge, wie Axt und Kettensäge, setzt er behutsam ein. So entstehen Werke, die auf das Brüchige und Verletzliche in unserem Leben und in unserer Geschichte, in unserer Zeit verweisen.

Weitere GOLD-Serien heißen BITUMEN GOLD, GOLDEN BUBBLES, DARK GOLD oder die jüngste, in Erinnerung an Vincent von Gogh, der auf einem Selbstporträt ein goldenes Bild unter dem Arm trägt: „HOMMAGE A VINCENT“

Zitate / Kritiken

Zitate / Kritiken

zu Golden Fields

von Christoph Tannert, Artikel in: notabene, 2002

„In seinen »golden fields« lässt Winfried Muthesius uns einen Blick in ungeahnte Weite und Tiefe erhaschen, die jenseits von Wissen und Vorstellung lockt. Indem er uns so mit einer Energie konfrontiert, weckt er in uns das Verlangen, diesem Ungeheuren, das die einfachen Dinge des Alltäglichen unterfüttert, überwölbt, deckt, einfach umgibt und unfassbar macht, mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Man ahnt, dass eine glühende Himmelssehnsucht im Spiel ist, die Reinheit und die ursprüngliche Bindung an Werten wiederzufinden, und zwar auf eine bescheidene, unprätentiöse Weise, die von einer inneren Bereitschaft zeugt. (…) Winfried Muthesius‘ Visualisierungen sind wie Akkorde, die in ihren Umraum hineinklingen, damit das befreiende Maß der Stille danach wieder um so deutlicher erlebbar wird. Andererseits durchbrechen sie auch das Schweigen und bringen zur Sprache, was im unendlich zerstreuten Schall des politischen Themengeplätschers überdeckt zu werden droht. Muthesius zwingt mit seinem Sensibilisierungsanspruch das andauernde Chaos in die Unterbrechung. Gleichzeitig schreit er an gegen das Stummsein. Was in diesem Spannungsbogen entsteht, sind Raumkonzepte mit Zwischentönen, ungewohnt und realistisch, voller Poesie und Kontrasthaltigkeit.“

Stiftung St. Matthäus

zu Der Himmel unter Berlin

von Thomas Sternberg, Berlin 2003

„Orte des Durchgangs, des lästigen Wartens, nicht Ziel, sondern Wegstationen. An den Wänden Informationen, Schmierereien und aggressiv bunte Werbungen, die käufliches Glück und „Genuss sofort!“ verheißen. Und dazwischen, kaum wahrnehmbar, Betonwände, kahle Flächen, Mauern und Sperren. Die Verbindungsgänge zwischen den verschiedenen Bahnen laden keinesfalls zum Anhalten ein, sondern sie sind transitorische Orte, die schnell durcheilt werden.“

„Wovon spricht die Vergoldung des Banalen? Flächen werden durch Licht ausgegrenzt. Diese Flächen sind anders und verändern ihren Kontext. Sie sind mit der Materialität des Grundes zwar verbunden, aber transformieren ihn grundsätzlich. Über solche Andersartigkeit und Fremdheit ergibt sich für viele Betrachter ein Anklang an Wertvolles und an unbestimmt Göttliches.“

Thomas Sternberg. In: Golden Fields. Winfried Muthesius. Der Himmel unter Berlin. Berlin 2003.