Beeindruckende Ausstellung über Flucht und Vertreibung
15. April 2023 – 03. September 2023, Museum für Christliche Kunst Wittenberg
Im Ausstellungs-Titel schwingt die Bandbreite aller Emotionen, Freuden und Leiden mit, die Menschen durchleben, die fliehen, die sich auf den Weg zu neuen Ufern machen müssen. Als Pendant zu Oskar Kokoschkas „Rast auf der Flucht nach Ägypten“ aus dem Jahre 1916, also mitten im Ersten Weltkrieg, wird Muthesius Serie „…das Wasser war viel zu tief. 1000 Odysseen“ gezeigt, die fotografische Inszenierung von Fluchtzeugnissen aus der Jetztzeit.
Im Mittelpunkt des Bildes des expressionistischen Malers und Grafikers Kokoschka steht die Heilige Familie. Sie muss ihren neugeborenen Sohn, den Christus, in Sicherheit bringen, der von dem Tötungsbefehl des König Herodes bedroht wird. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg durch die Wüste. Lebensgefährlich der Weg. Und dennoch mutet das Bild friedlich an. Fast idyllisch, die Szene. 1916. Es herrscht brutaler Krieg, Hunger und Not. Eine Zeit, in der Zwischendurch-Aufatmen-Können, zum Überleben beitrug. Wie dieses Bild Kokoschkas.
Rast auf der Flucht nach Ägypten, Oskar Kokoschka, Lithographie, Stiftung CKW
Anders als Kokoschka, setzt Muthesius keine Menschen ins Bild. Muthesius hält Ausschau nach dem, was den Weg der Menschen versinnbildlicht: das, was sie an den Füßen trugen. Er denkt an die Schritte, die sie zu überwinden hatten. Oft in ausgetretenen Flipflops, die kaum schützten, noch stützten.
Dazu begibt er sich mitten in den Atlantischen Ozean, auf den afrikanischen Inselstaat Cabo Verde. Eine Inselgruppe mit lebhafter Historie und ebensolcher Völkerwanderung. Das Meer dort erzählt seine eigenen Geschichten. Geschichten von Menschen, die sich auf den Weg ins Ungewisse gemacht haben, die vertrieben wurden, flüchten mussten, heimatlos waren.
M-107, Serie „Das Wasser war viel zu tief – 1000 Odysseen“, Winfried Muthesius, Fine Art Print
In Close Ups lenkt er den Blick auf Strukturen einer Sohle, auf den Ausschnitt eines Sneakers mit Loch, mal klarer erkennbar, mal verfremdet, weil beschichtet mit Sandkörnern oder Algen. Riemchen. Auf Details und das, was übrigblieb.
M-164, Serie: Das Wasser war viel zu tief – 1000 Odysseen, Winfried Muthesius, Fine Art Print
M-22, Serie „Das Wasser war viel zu tief -1000 Odysseen“, Winfried Muthesius, Fine Art Print
Winfried Muthesius zu seiner Serie:
»Mich interessiert hierbei sehr, dass die Themen der Bibel eine atemberaubende Aktualität haben. Bei den verlorenen Schuhen bzw. Flipflops, die ich an den Stränden der Kapverdischen Inseln fand, handelt es sich um einfachstes Schuhwerk armer Menschen. Der Verlust eines Schuhes bedeutet im Regelfall, dass der weitere Weg barfuß bewältigt werden muss. Die angespülten Flipflops stellen für mich ein Symbol für Flucht und Vertreibung dar. Strömt das Werk von Oskar Kokoschka noch Ruhe und Gelassenheit und auch eine gewisse Zuversicht aus, so stehen bei meinen Fotoarbeiten Verlust und Ungewissheit im Vordergrund.«
M-42, Serie: „Das Wasser war viel zu tief -1000 Odysseen“ Winfried Muthesius, Fine Art Print
